a
7. dezember
noch
bist du da
wirf deine angst
in die luft
bald
ist deine zeit um
bald
wächst der himmel
unter dem gras
fallen deine träume
ins nirgends
noch
duftet die nelke
singt die drossel
noch darfst du lieben
worte verschenken
noch bist du da
sei was du bist
gib was du hast.
Rose Ausländer
8. dezember
und dann braucht man ja auch noch zeit, um nur dazusitzen und vor sich hinzustarren.
astrid lindgren
9. dezember
Lustifikation
Ich mag Hängematten, weil man darin so wunderbar hängen kann. Neun Stunden Schlaf finde ich ein erstrebenswertes Ziel. Ich brauche auch nicht ständig eine Aufgabe.
Ich sage das lieber nicht ganz so laut, weil der gute Mensch von heute ein Mensch ist, der viel zu tun hat. Je unangenehmer die Pflicht und je größer die Qual an Schreibtisch, Laufband oder Yogamatte, desto mehr Bewunderung. Es ist ein bisschen wie im Mittelalter. Selbstkasteiung ist wieder modern.
Ich finde, da hilft nur Nachsitzen. In Lustifikation. Eine gute Lehrerin darin ist Pippi Langstrumpf. Sie hat sie schließlich auch erfunden. Ein paar Stunden Lustifikation am Tag sind wichtig. Weil die Lippen sonst schmal und die Wangen bleich werden, wenn man immer nur das tut, was getan werden muss. Dann braucht die Seele Vitamine, und zwar ganz dringend.
Ich stelle mir das so vor: Als Gott vor ein paar Fantastilliarden den Menschen gemacht hat, dachte er bei sich: Der soll nicht nur schreiben, rechnen, Grütze kochen, der soll sich auch vergnügen können. Und deshalb schuf er eine Menge Lustbarkeiten.
Aber dann passierte es: Der Teufel wollte auch ein Wörtchen mitreden, weil er seine Felle schon davonschwimmen sah. Glückliche Menschen sind nämlich nicht besonders empfänglich für Versprechen und Verlockungen. Sie haben ja, was sie brauchen. Da erfand er das schlechte Gewissen. Damit hat er dich in seinen Fängen.
Und deshalb ist es wichtig, dass man sie übt, die Lustifikation. Zum Beispiel heute.
Susanne Niemeyer